"Der Märchenheld ist wesenhaft ein Wanderer". Nein. Dies ist kein Wander-Blog. Auch wenn das Zitat von Max Lüthi, Schweizer Literaturwissenschaftler und Märcheninterpret, vom Wandern handelt. Und natürlich von Märchen. Neben diesen beiden spannenden Komponenten beinhaltet es außerdem: Kreise.
Diese dritte Ebene ist zugegebenerweise nicht offensichtlich - sondern persönlich. Vor vielen Jahren hatte ich einen Job, in dem sowohl Märchen als auch Wandern zentrale Rollen spielten. Damals fand ich besagtes Zitat und schrieb es auf eine Karteikarte, die dann über meinem Schreibtisch hing. Zwischenzeitlich wechselte ich die Arbeitsstelle, den Wohnort und auch sonst einiges - das Zitat geriet in Vergessenheit. Vor einigen Wochen tauchte es wieder auf, in einem Buch der Deutschen Märchenstraße, das ich in meinem Briefkasten fand, geschickt von meinem damaligen Chef. Er hatte das Zitat im Vorwort aufgegriffen. Beim Lesen waren sie da: die Kreise. Menschen, Orte und Erinnerungen, die nach längerer Zeit wieder auftauchen. Manche drehen sich weiter - und kommen irgendwann wieder vorbei. Andere bleiben stehen und manchmal schließen sich Kreise, wenn plötzlich Verbindungen sichtbar werden.
Auch ich bleibe nicht stehen, sondern drehe mich weiter. Im Kreislauf des Lebens: In Bewegung sein - ankommen - verweilen - und weiter ziehen. Fast wie im Märchen. "Der Märchenheld ist wesenhaft ein Wanderer". Ob Hänsel und Gretel, Schneewittchen, Dornröschens Prinz oder Der Gestiefelte Kater: Fast alle Märchenhelden begeben sich auf Wanderschaft. Und alle sind dabei auf der Suche: nach der eigenen Erlösung, nach Prinz, Prinzessin oder Königreich (die meist auch erst erlöst werden müssen) oder nach sich selbst. In diesem Sinne wünsche ich allen, die innerlich oder ganz real auf der Suche sind einen guten Weg im neuen Jahr.
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